Studentin Steffi
„Ich war Corona schon ein paar Jahre Voraus“ – Interview mit einer Hochrisiko-Studentin

„Ich war Corona schon ein paar Jahre Voraus“ – Interview mit einer Hochrisiko-Studentin

Unsere Studienkollegin Steffi ist etwas über 30 und gehört zur Corona-Risikogruppe. Warum das so ist und wie es ihr damit geht, haben wir sie bei einem Interview gefragt – online, selbstverständlich. Weiter unten findet ihr ein Video, in dem Dr. Ramin Nikzad einmal etwas genauer erklärt, wer eigentlich zur Risikogruppe gehört. Wer dabei ist, sollte besonders achtgeben.

Hallo Steffi, warum gehörst du zur Risikogruppe?

Ich habe zystische Fibrose, das ist eine Erbkrankheit. Bereits in meiner Kindheit hatte ich mit meiner Lunge Probleme. Immer wieder litt ich unter Infekten und sehr hohen Entzündungswerten. Die Ärzte haben mir dann eine Transplantation empfohlen, und nach vielen Tests habe ich dann vor drei Jahren schließlich eine neue Lunge bekommen.

Das hört sich nicht gut an. Gibt es besondere Vorsichtsmaßnahmen, an die Du Dich hältst bzw. sogar halten musst?

Für transplantierte Personen – so nennt man Menschen, denen ein Organ getauscht wurde – gelten grundsätzlich erhöhte Hygiene-Maßnahmen. Diese sind im ersten Jahr nach der Operation besonders streng und danach allgemein erhöht. Dazu gehört Händewaschen, regelmäßig Desinfizieren und größere Menschenansammlungen meiden oder nur mit Nasen-Mund-Schutz aufsuchen. Für Lungentransplantierte wie mich gelten die Maßnahmen besonders, da eingeatmete Keime sehr gefährlich werden können. Das ist auch ein Grund, warum ich nicht Öffi fahren sollte. Ich habe sogar einen Behindertenausweis, in dem das vermerkt wurde. Im Grunde war ich Corona schon ein paar Jahre voraus!

Als die Pandemie begonnen hat, habe ich mit meinen Ärzten telefoniert. Ich musste schon vor meinen Kollegen ins Home-Office wechseln, aber ansonsten gibt es keine Regeln, die nicht schon vorher galten. Ich schaue aber vermehrt darauf, die bisherigen Regeln einzuhalten. In Quarantäne muss ich nicht bleiben, aber ich gehe sehr, sehr wenig raus – hin und wieder mal eine halbe Stunde mit Maske spazieren, das war‘s. Mir fällt die Decke daheim eh schon auf den Kopf.

Was würde eine Ansteckung für Dich bedeuten? Hast Du schon mit einem Arzt darüber gesprochen?

Wir haben nicht explizit darüber gesprochen, aber mir ist natürlich klar, dass eine Ansteckung mit Corona für mich mit einem hohen Risiko verbunden ist. Theoretisch könnte es sogar sein, dass die Lunge nachträglich abgestoßen wird.

Du hast also Angst Dich anzustecken?

Nein, eigentlich nicht, weil ich mich sehr streng an die Regeln halte. Auch mein Lebensgefährte hält sich streng daran, auch wenn er noch arbeitet. Wir passen aber immer schon mehr auf, als es „gesunde Menschen“ tun. Ich habe jetzt auch schon länger zu niemandem mehr Kontakt. Panik vor einer Ansteckung habe ich aber keine.

Wie sieht dein Tagesablauf in Zeiten von Corona aus? Gehst du überhaupt noch hinaus?

Ich sitze fast den ganzen Tag vor dem Computer – ich arbeite ja im Home-Office. Mein Arbeits- und mein Privatrechner stehen beide am Schreibtisch und dort switche ich immer zwischen Arbeit und FH hin und her. Manchmal geht‘s dann aufs Sofa, aber dort ist auch ein Bildschirm.

Ich sollte eigentlich auch Sport machen, denn je besser mein allgemeiner Körperzustand ist, umso besser ist das für die Lunge. Ich schaffe es aber nicht, den inneren Schweinehund zu überwinden und mich zu motivieren. Deswegen muss ich auch alle paar Tage mal raus gehen.

Angeblich wird das Virus erst dann verschwinden, wenn es einen Impfstoff dagegen gibt und sich auch ausreichend viele Menschen impfen lassen. Ändert das Dein Leben bis zur Entwicklung dieses Impfstoffes?

Ich glaube nicht. Das würde beruflich auch nicht gehen. Ich glaube auch, dass es länger brauchen wird bis Corona gänzlich verschwunden ist, zumindest länger, als es die momentanen Maßnahmen geben wird. Unser Büro wird im Mai wieder aufsperren und ich gehe davon aus, im Juni oder Juli wieder hin zu gehen. Ich werde einfach noch mehr auf Hygiene achten.

Die Community für Transplantierte ist zum Glück sehr aktiv, speziell online. Es gibt immer wieder interessante Artikel und Berichte, die von Ärzten geteilt werden. Das Spannende ist: Es sind gar nicht dramatisch viele Transplantierte betroffen. Wir bekommen ein Medikament, das vermeintlich gegen Corona hilft. Solche Artikel und Empfehlungen nehmen dann auch ein wenig den Druck und die Angst. Es wird im Moment sogar weiter transplantiert, denn es gibt Menschen, die das neue Organ so dringend brauchen, dass es da oft nur um Tage geht. Jetzt nicht mehr zu operieren würde auch Menschenleben kosten.

Vielen Dank für das Interview und pass auf Dich auf!

In einem Video hat Dr. Ramin Nikzad, der unter anderem im Corona-Container des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) in Wien arbeitet, die am meisten gefährdeten Risikogruppen für uns zusammengefasst. Ihr findet es im Artikel Dr. Ramin Nikzad klärt über Corona-Risikogruppen au

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