Schild: Nebenjob
Schild: Nebenjob
Als Studierende:r in finanzielle Not zu geraten ist leider keine Seltenheit.

Plötzlich arbeitslos – Studierende in finanzieller Not

Gestern noch den Traumjob ausgeübt, heute die Kündigung am Tisch. COVID-19 hat uns gelehrt, wie schnell und unerwartet sich unser Leben ändern kann. Viele junge Menschen sind von einem plötzlichen Jobverlust betroffen und geraten nun in eine finanzielle Notlage. SOFA berichtet über drei Studierende, die in ihrem beruflichen Alltag von den Folgen der Pandemie betroffen sind, und gibt Ratschläge, wie die Krise bestmöglich überwunden werden kann. 

Geschlossene Restaurants, abgesagte Veranstaltungen, versperrte Theater und Museen: Gerade in jenen Bereichen, in denen viele Studierende ihr tägliches Brot verdienen, wurden die Pforten auf unbestimmte Zeit geschlossen. Nun heißt es zuhause bleiben und abwarten. Was tun, wenn man plötzlich Gefahr läuft, seine Miete nicht mehr bezahlen zu können?  Seit Beginn der zweiten Republik gab es keine Krise, die unsere Wirtschaft so beeinträchtigt hat wie COVID-19. Jahrelang durften wir uns über eine florierende Wirtschaft freuen, nun steht unserem Land der größte Nachfrageschock der letzten Jahrzehnte bevor. In nur zwei Wochen hat die Corona-Krise die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit 1946 getrieben. Auch viele Studenten sind von einem plötzlichen Jobverlust betroffen. Armin, Flora und Johanna erzählen ihre persönlichen Geschichten.

Ich möchte nicht wieder von meinen Eltern finanziell abhängig sein

Armin ist 22 Jahre alt und studiert Mathematik und Geschichte auf Lehramt. Um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, jobbt er als Aushilfe in einem neu eröffneten Kantinenrestaurant, welches an die größte Motorsport-Freizeitanlage Österreichs gekoppelt ist. 

„Als Kantinenrestaurant sind wir natürlich abhängig von den Buchungen der Motorsportanlage, da unser Restaurant bei Rennen und Teamveranstaltungen die Verpflegung der Fahrer und der Begleitpersonen gewährleistet. Die Saison hat gut begonnen, wir hatten bereits Anfang des Jahres reichlich Buchungen und einige Wettkämpfe waren für das Jahr angesagt. Anfang März wurde uns mitgeteilt, dass ein großes Rennen, welches ursprünglich in Mailand stattgefunden hätte, aufgrund der Corona-Krise nun bei uns in Österreich abgehalten werden würde – das war erstmals eine gute Nachricht. Die Restaurantbesitzer haben daraufhin Lebensmittel für mehr als 700 angekündigte Personen eingekauft, kurz darauf wurde das Rennen jedoch auch bei uns in Österreich abgesagt. Da die Kantine erst vor wenigen Wochen neu eröffnet wurde und die Renovierungsarbeiten mit sehr hohen Kosten verbunden waren, könnten wir nun jeden Cent dringend gebrauchen. Die Ungewissheit treibt uns in den Wahnsinn. Ich war ursprünglich für 20 Stunden pro Woche angestellt, nun könnte es durchaus sein, dass ich bis Mitte des Jahres kein Einkommen beziehe. Ich frage mich, wie ich nun meine Wohnung in Wien finanzieren soll, ohne meine Eltern um einen Zuschuss zu bitten. Von meinen Eltern finanziell abhängig zu sein stellt für mich keine Lösung dar. Nächste Woche starten wir den Versuch, einen Lieferservice für die umliegenden Ortschaften anzubieten. Um 10 Euro möchten wir den Kunden ein 3-Gänge-Mittagsmenü vor die Tür liefern lassen. Ich hoffe sehr, dass wir dadurch über die Runden kommen und ich somit zumindest meine Fixkosten abdecken kann”, sagt Armin. 

Eventuell fallen dieses Jahr alle Veranstaltungen flach

Flora, 24, ist Master-Studentin an der Universität Wien und absolviert zusätzlich das psychotherapeutische Propädeutikum. Seit drei Jahren ist sie geringfügig bei der Stadthalle Wien angestellt.  

„Durch eine Freundin bin ich 2017 zu meinem derzeitigen Studentenjob als Billeteurin in der Stadthalle Wien gekommen. Normalerweise erhalten wir von unseren Chefs in regelmäßigen Abständen ein Rundschreiben, in denen die Veranstaltungstermine für die nächsten Wochen aufgelistet sind. Wir können frei entscheiden, an welchen Terminen wir aushelfen. Am 20. März habe ich mich für ein Konzert von Carlos Santana eingetragen, welches wenige Tage vor der Veranstaltung jedoch abgesagt wurde. Niemand von unserem Team konnte sich zu diesem Zeitpunkt vorstellen, welche Auswirkungen das Virus auf die Veranstaltungsindustrie und auf unsere Jobs haben würde. Die meisten meiner Arbeitskollegen sind ebenfalls Studenten, viele von ihnen sind finanziell von ihrer Tätigkeit in der Stadthalle abhängig und haben nun mit ernsthaften Problemen zu kämpfen. Da die meisten aus unserem Team nur geringfügig angestellt sind, haben wir keinen Anspruch auf den Verdienstausfall. Ich bin in der glücklichen Lage, zusätzlich bei der Uni Wien als Lektorin auszuhelfen. Somit komme ich gerade über die Runden und schaue nicht komplett durch die Finger. Ich bin gespannt, ob ich in diesem Jahr die Stadthalle noch von innen sehe – ich vermisse bereits meinen Job, allem voran meine tollen Arbeitskollegen”, erzählt Flora über ihre schwierige Lage. 

Ich wurde gekündigt und kurze Zeit später wiedereingestellt

Johanna ist Studentin des berufsbegleitenden Studienganges „Digitale Medien und Kommunikation“ an der Fachhochschule Burgenland und arbeitet als Social–Media–Managerin bei einer renommierten PR-Agentur.  

„Ich fuhr gerade auf der Autobahn von Deutschland nach Wien, als mich der Anruf meiner Chefin erreichte.  Anfangs war ich etwas verärgert, da ich davon ausging, dass sie mich mit weiteren Aufgaben eindecken würde, obwohl ich mir den Tag für meinen Umzug freigenommen hatte. Nach dem kurzen obligatorischen Smalltalk wurde mir mitgeteilt, dass sie nun kein Geld für meine Stelle hätten und mich aus diesem Grund kündigen müssten. Nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ durfte ich erfahren, dass drei meiner Kollegen dasselbe Schicksal erlitten und ebenfalls die Kündigung aufgetischt bekamen. Ich war sprachlos und musste die Information erstmal verdauen. Gerade als Social-Media-Managerin war ich aufgrund der Corona-Krise gefragter denn je. Die Agentur musste alle geplanten Veranstaltungen absagen, weshalb unsere einzige Einnahmequelle zu dem Zeitpunkt der Onlinemarketing-Bereich war, also genau mein Steckenpferd. Beim AMS habe ich die Information bekommen, dass mir pro Monat 900€ Arbeitslosengeld zustünden. Alleine die monatliche Miete meiner Wohnung in Wien beträgt 600€, sodass mir noch genau 300€ zum Leben blieben. Ich war der Verzweiflung nahe. Die Tage darauf habe ich mich auf Arbeitssuche begeben und musste zudem feststellen, dass dies nicht der optimale Zeitpunkt für einen Jobwechsel war. Meine Gedanken kreisten nur um die Frage, wie ich die nächsten Monate nur über die Runden kommen sollte. Den darauffolgenden Freitag war ich dabei, mein letztes Projekt für die Agentur zu finalisieren, als mich wieder ein Anruf meiner Chefin aus dem Homeoffice erreichte. Kurzerhand bot sie mir an, mich wiedereinzustellen, da meine Position von großer Bedeutung wäre und sie nun den Antrag auf Kurzarbeit für alle Angestellten einreichten.  Einerseits war ich erleichtert, meinen Job zurückgewonnen zu haben, andererseits habe ich das Vertrauen in die Agentur gänzlich verloren. Kurzarbeit würde für meine Stelle bedeuten, auf 20 Prozent meines Gehalts zu verzichten, aufgrund der hohen Nachfrage seitens der Kunden jedoch 20 Prozent mehr zu arbeiten. Ein schlechter Deal, den ich aus meiner finanziellen Not heraus dennoch annehmen musste. Sobald sich die Lage wieder beruhigt, möchte ich in einem anderen Unternehmen Fuß fassen und die Erlebnisse hinter mir lassen. COVID-19 hat mir gezeigt, wie unerwartet sich unser Leben ändern kann. Man sollte nichts als selbstverständlich erachten”, sagt Johanna.

Wege aus der Geldnot

Auf den ersten Blick wirkt die Situation aussichtslos, bei genauerer Betrachtung gibt es jedoch einige Job-Alternativen, die sich in Zeiten von COVID-19 für (Nachwuchs-)Akademiker bieten. Welche Möglichkeiten existieren, um auch in Krisenzeiten über die Runden zu kommen, haben wir im folgenden Abschnitt für euch zusammengefasst.

Corona Härtefonds

Am 31.März hat die Österreichische Hochschülerschaft einen eigenen Corona-Härtefonds ins Leben gerufen, welcher Studierenden in finanzieller Notlage unter die Arme greift. Es kann jeder einen Antrag stellen, der durch die Corona-Krise seinen Job verloren hat und einen adäquaten Studienerfolg nachweisen kann. Die genauen Infos findet ihr unter https://www.oeh.ac.at/corona-haertefonds 

Aushilfe im Supermarkt

Es ist wohl keine Überraschung, dass die österreichischen Supermarktketten gerade händeringend nach Aushilfen suchen. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands Österreich, spricht von über 4.000 Jobs, die es in verschiedensten Bereichen zu besetzen gilt. Neben Voll- und Teilzeitstellen werden auch befristete Studentenjobs angeboten. Auf der Seite des Handelsverbands Österreich könnt ihr euch näher informieren: https://handelsverband.at/jobs-im-handel/ 

Erntehelfer gesucht

Seit der Grenzschließung zu unseren osteuropäischen Nachbarländern fehlen laut Angaben des Branchenverbands für Obst und Gemüse rund 5.000 Arbeitskräfte, die normalerweise als Erntehelfer auf Österreichs Feldern im Einsatz sind. Auch im Fleischsektor geht das Landwirtschaftsministerium derzeit von rund 9.000 fehlenden Arbeitskräften aus, die es dringend zu besetzen gilt. Solltet ihr in Besitz eines LKW- oder Staplerführerscheins sein, könnt ihr euch für eine Stelle im Logistikbereich bewerben. Unter der Homepage https://www.dielebensmittelhelfer.at findet ihr nähere Informationen zu den angebotenen Stellen. 

Ehrenamtliche Unterstützung

Keine Frage, eine ehrenamtliche Tätigkeit wird sich nicht positiv auf die finanzielle Lage auswirken. Sollte es euch jedoch nicht primär um das Geld gehen, sondern darum, als junger und gesunder Mensch die Gesellschaft zu unterstützen, könnt ihr euch als freiwilliger Helfer engagieren und zum Helden werden. Welche Möglichkeiten euch diesbezüglich offenstehen, könnt ihr in unserem letzten Artikel „Helfen wie Superhelden“ nachlesen. 

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