Bild eines Studenten vor einem Sonnenuntergang am Meer / KI generiert mit Adobe Express
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Erasmus: Mehr als nur Urlaub?

Von Strand, Sonne und Studium im Ausland

Simon sitzt am Meer von Costa da Caparica in Lissabon. Er feilt an einem der Kurse in seinem Erasmus. In einer Lernpause schickt Simon einem Kommilitonen ein Bild der schönen Aussicht, welcher darauf antwortet: „Du machst eh nur Urlaub, oder was?“. „Es sieht zwar schöner aus als zu Hause, aber es ist nicht nur Urlaub“, sagt der 24-jährige Kommunikationswissenschaftsstudent und lacht. Doch nicht nur hat er einiges für sein Studium gelernt, sondern auch „einfach sehr viel über sich Selbst oder auch seine Persönlichkeit, was man gerne macht, was man nicht gerne macht, was einem Spaß macht.“

Simon ist einer von über 130 Tausend Studierenden, die jährlich an dem Erasmus Programm teilnehmen. Doch was genau steckt eigentlich hinter dem beliebten Austauschprogramm? Ist es wirklich nur ein langer Urlaub und eine „never ending party“? Viele Studierende interessieren sich für ein solches Erlebnis.

Die Fakten

Das Erasmus-Programm der Europäischen Union wurde zum ersten Mal im Jahr 1987 ins Leben gerufen. Laut der Erasmus Seite verlaufen sich die Ziele des Programmes vor allem auf Inklusion, Förderung von demokratischen Werten und den digitalen und ökologischen Wandel. So können Studenten und Studentinnen einen Teil ihres Studiums in einem europäischen Land absolvieren. Seit jeher haben schon über 14 Millionen Menschen daran teilgenommen. Dieses Programm hat einige Vorteile: Neben finanzieller Unterstützung haben die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nämlich die Chance neue Kulturen kennenzulernen, Länder zu entdecken und internationale Kontakte zu knüpfen. Jedoch kann es auch zu Herausforderungen kommen. Simon erzählt: „Ich habe auch gemerkt, wenn man mit anderen Leuten aus anderen Kulturen zusammenarbeitet, dass es auch manchmal herausfordernd sein kann, weil [sie] andere Dinge anders angehen, oder weil sie eine andere Arbeitseinstellung haben. Und da lernt man doch auch einiges daraus.“

Erfahrungen aus erster Hand

Elisa eine ehemalige Studentin der Paris Lodron Universität Salzburg hat ein Auslandssemester in Athen verbracht. Getrieben ist sie von dem kulturellen Mehrwert des Programms: „Ich finde die Kulturen aus anderen Ländern sehr spannend, und will die kennenlernen. Aber auch will ich den Alltag checken und neue Leute treffen. Man checkt das halt viel mehr, wenn man länger wo wohnt als wie, wenn man zwei Wochen auf Urlaub dort ist.“ Jedoch hat sie auch ihre Zweifel – sozial hat sie mit „Pressure“ zu kämpfen. Sie sagt: „Man ist viel alleine obwohl man trotzdem dauernd unter Menschen ist. Dann wenn du mal alleine bist ist es extrem hart, weils ein starker Gegensatz ist. Es ist wesentlich härter alleine zu sein.“ Es war wenig Urlaub angesagt. So erläutert sie: „Für mich solls auch ein Auslandssemester sein, mit nicht nur Entspannung. Es soll auch einen Mehrwert haben. Für mich vor allem kulturell und psychisch.“ Auch der Alltag verändert sich. Plötzlich befinden sich Studierende in einem anderem Umfeld. Dort lernen sie nicht nur neue Sprachen und Kulturen kennen, sondern auch der Studi-Alltag muss umstrukturiert werden. „Ich musste mich in Lissabon zuerst einmal zurechtfinden, da mein gewohnter Uni-Alltag doch anders ist als hier. Aber ich war dann ziemlich schnell drinnen, da die Studierenden vor Ort sehr gastfreundlich sind und auch für mich da waren, wenn ich Probleme hatte“ so Simon. Neben der akademischen Unterschiede ist auch der soziale Alltag anders als gewohnt. Studierende müssen sich in das neue Umfeld integrieren und Freundschaften schließen. Für Simon war dies kein Problem. So meint er: „Für mich war es kein Problem neue Freunde zu finden, da ich eh ein offener Mensch bin. Die meisten habe ich in der Uni oder auf Partys kennengelernt.“

Doch was sagen Experten und Expertinnen? Steckt ein großer Mehrwert hinter dem Programm?

Das sagt die Expertise

„Erasmus eignet sich besonders gut dafür, neue Kulturen zu erkunden, Lehrveranstaltungen in anderen Ländern zu besuchen und internationale Erfahrung zu sammeln“, meint Assoz. Prof. PD Mag. Dr. Thomas Herdin. Er ist Leiter der Abteilung der transkulturellen Kommunikation und Erasmus Ansprechpartner der Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg. Er hebt hervor, dass Erasmus Studenten und Studentinnen nicht nur von der Gastuniversität profitieren, sondern auch von dem kulturellen Umfeld und dem Austausch mit anderen Studenten und Studentinnen. „Man trifft automatisch auf Menschen aus dem Ausland, vor allem durch die Lehrveranstaltungen. Das ist etwas, was im Urlaub so nicht passiert“, erklärt er.

Laut Dr. Thomas Herdin, war es während Corona „schwierig, da man den persönlichen Erfahrungsschatz verloren hat“. So wurden aufgrund der Online-Lehrveranstaltungen die Möglichkeiten reduziert, persönliche Kontakte aufzubauen, und es wurde erschwert das Erasmus Land zu erkunden und kennenzulernen. Insgesamt ist die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Programms nach der Pandemie wieder gestiegen, erläutert Dr. Thomas Herdin. Er bedauert jedoch, dass gerade jetzt nach Corona immer noch „zu wenige Studierende am Fachbereich Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg ein Erasmus machen.“ Die Zahl dieser verläuft sich auf rund 15 pro Jahr.

Die Vorteile des Programms lassen sich sehen: Neben der Anrechnung von Kursen und der finanziellen Unterstützung, bietet Erasmus Einblicke in neue akademische Systeme und die Gelegenheit, Kontakte zu anderen Studierenden und Lehrenden zu knüpfen. „Man muss sich in neue soziale Bereiche integrieren und lernt nicht nur akademisch, sondern auch persönlich dazu“, betont Dr. Herdin. Auch meint er, „Erasmus hat einen größeren Mehrwert als Reisen, da man gezwungen ist sich zu integrieren, sich in neuen Bereichen zu sozialisieren und neues zu lernen und nicht wie im Urlaub einfach von A nach B zu reisen.“

Ein Erasmus-Aufenthalt hat auch langfristige Vorteile. Beispielsweise hilft es bei einer Aufwertung des eigenen Lebenslaufes so Dr. Herdin. Es zeige, dass man bereit sei, sich mit anderen Kulturen und Systemen auseinanderzusetzen, und signalisiere Anpassungsfähigkeit.

Urlaub oder Selbstfindung?

Für Simon steht nach seinem Semester in Lissabon fest: Erasmus ist viel mehr als nur Urlaub.

„Man erweitert seinen Horizont man lernt neue Sachen kennen, die man so nie kennengelernt hätte, man findet Freunde von ganz Europa teilweise auch von Außerhalb von Europa,“ sagt er.

„Traut euch aus eurer Komfortzone hinauszugehen man bereut es nicht. Die Chancen überwiegen den Herausforderungen.“ So zeigt sich: Ein Auslandssemester ist das was man daraus macht. Ob für den kulturellen Aspekt, die persönliche Weiterentwicklung oder doch als Sprungbrett für die eigene Karriere – Erasmus bietet weitaus mehr als nur Urlaub und Party.