Sofa – So good: Der Sofa-Talk mit Mag. Kurt Koleznik, dem Generalsekretär der Fachhochschulkonferenz 

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Was ist die Fachhochschulkonferenz und wofür setzt sie sich ein?

Die Fachhochschul-Konferenz ist die Interessensvertretung aller österreichischen Fachhochschulen und setzt sich für eine Verbesserung der rechtlichen, finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen für die Fachhochschulen ein. Sie ist das Sprachrohr der Fachhochschulen. Neben Beratung für die Mitglieder bietet sie auch Weiterbildung für die Mitarbeiter:innen der Fachhochschulen an. 

Wie hat sich die Rolle der Fachhochschulen in den letzten Jahren verändert und welche Herausforderungen ergeben sich daraus? 

Was vor rund 30 Jahren mit einem Studiengang begonnen hat, ist heute ein Hochschulsektor, der aus der akademischen Landschaft nicht mehr wegzudenken ist. Die Fachhochschulen haben sich zu verlässlichen Partnerinnen für Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt. Sie haben den Einzug der Wissenschaften in die Regionen unterstützt und sind durch angewandte Lehre und Forschung vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen attraktive und zukunftsweisende Partnerinnen. Sie sind ein Erfolgsmodell! Mit den ständig wachsenden Anforderungen sind auch die Fachhochschulen einem ständigen Wandlungsprozess unterworfen. Neue Aufgabengebiete durch eine sich wandelnde Gesellschaft, moderne Infrastruktur und die Teilhabe an internationalen Entwicklungen können nur erfolgreich durch entsprechende wissenschaftliche Nachwuchskräfte und ausreichend finanzielle Mittel bewältigt werden. 

Der FH-Entwicklungs- und Finanzierungsplan von BM Polaschek für die kommende Leistungsperiode hat viel Kritik erhalten. Was sind Ihre zentralen Kritikpunkte und wo sehen Sie notwendige Änderungen, die vorgenommen gehört hätten? 

Die zentralen Kritikpunkte sind unter anderem die Nichteinbindung der FHK sowie der ÖH und der Sozialpartner:innen. Bei einem so weitreichenden Planungsdokument, das die gesamte Arbeits- und Wirtschaftswelt betrifft, bräuchte es grundsätzlich ein anderes Verständnis und eine andere Herangehensweise. Zudem ist die angekündigte Erhöhung der Fördersätze von nur 4,5% ab 1.10.2024 zu spät und viel zu niedrig. Unter Berücksichtigung der Dynamik der Inflationsentwicklung brauchen die Fachhochschulen ab 1.1.2024 eine Anpassung um 20%. Darüber hinaus ist das Bundesministerium Bildung, Wissenschaft und Forschung, kurz BMBWF, nicht nur für Lehre, sondern auch für die Forschung an Fachhochschulen zuständig! Daher verlangen wir einen nachhaltigen Finanzierungspfad für die angewandte Forschung. Und zu guter Letzt benötigen wir die Möglichkeit eigenständige Doktoratsprogramme einzurichten, nicht nur um im Wissenschaftsbetrieb den Anschluss nicht zu verlieren, sondern auch um jungen Nachwuchsforscher:innen an Fachhochschulen entsprechende Karrieremöglichkeiten zu bieten.

Am 16.5.2023 wurden die neuen Zahlen der Statistik Austria zur Bildung in Österreich präsentiert. Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie daraus mitgenommen haben?  

Trotz der sich abzeichnenden demographischen Entwicklung, die Zahl der Studierenden nimmt europaweit ab, verzeichnen die Fachhochschulen in den letzten zehn Jahren eine Steigerung der Gesamtstudierendenzahl um 52%, wohingegen die Anzahl der Studierenden an Universitäten um 12% abnahm. Besonders interessant ist, dass der Anteil der Fachhochschulabschlüsse im Vergleich mit den Universitätsabschlüssen schon bei 30,8% liegt. Darüber hinaus haben die Fachhochschulen die niedrigste Abbruch- bzw. Unterbrecherquote. 

Welche Bedeutung hat die Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten und welche Initiativen gibt es, um den Übergang zwischen den beiden Hochschularten zu erleichtern? 

Die Durchlässigkeit zwischen den Systemen ist für beide Hochschultypen von Interesse. Heute ist es ganz üblich beispielsweise einen Bachelor an der Uni und den Master an der FH zu absolvieren. Hie und da kann es natürlich noch Auflagen geben, die einen oder anderen ECTs nachzubringen. Dies zu beurteilen liegt in der Autonomie der Hochschule und kann nicht extern geregelt beziehungsweise vereinfacht werden. Aber mit schwindender Anzahl Studierender und im Wettbewerb um die besten Köpfe wird man froh um jede motivierte Studierende sein. 

Vor Kurzem war eine mögliche Umbenennung der Fachhochschulen (in Hochschule für Angewandte Wissenschaft, kurz HAW) Thema in den österreichischen Medien. Wie stehen Sie zu einer Umbenennung und welche Vorteile bzw. Nachteile sehen Sie darin? 

Ja, die Umbenennung ist in der Tat eine Forderung der Fachhochschul-Konferenz. Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass dies der Weg in die Zukunft ist. Was früher mit einem lehrzentrierten Studiengang begonnen hat, entwickelte sich immer mehr hin zu einer gesamthaft hochschulischen Einrichtung mit stark anwendungsbezogener Forschungsausrichtung. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind praxisorientierte lehr- und missionsorientierte Forschungseinrichtungen. Mit zahlreichen Partnern aus Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft stehen sie eng im Verbund und sind maßgebliche Zentren für Wissenstransfer. Übrigens soll die neue Namensgebung nicht verpflichtend sein, wer also im Namen „Fachhochschule“ verwenden will, soll das natürlich auch in Zukunft so tun. 

Wie bewerten Sie die Entwicklung und den Beitrag der FH Burgenland zum Hochschulsystem und zur regionalen Wirtschaft?

Die Fachhochschule Burgenland hat eine einmalige Positionierung und ist für ein Bundesland ohne Universität von enormer Bedeutung. Ich bin der Überzeugung, dass die FH Burgenland durch ihre thematische Breite, insbesondere durch die Themen Gesundheit, Energie und Umwelt, ganz vorne mitmischt und einen wesentlichen Beitrag zur regionalen Wirtschaft und einer sicheren Gesellschaft leistet. 

Wie beurteilen Sie die internationale Ausrichtung und Zusammenarbeit der FH Burgenland und welche Maßnahmen unterstützt die Fachhochschul-Konferenz, um die Internationalisierung an Fachhochschulen im Allgemeinen weiter voranzutreiben? 

Ein respektabler Anteil an ausländischen Studierenden und die starke Vernetzung mit internationalen Kooperationspartnern sind Zeugnis für ein Bewusstsein, dass eine FH nicht nur regional verankert, sondern auch international eingebettet sein muss. Die Fachhochschul-Konferenz hat sich durch die Mitbegründung des europäischen Netzwerkes UAS4Europe* in den letzten Jahren für das Thema angewandte Forschung auch international sehr stark gemacht. Die angewandte Forschung und Entwicklung muss in Europa einen höheren Stellenwert bekommen. In Folge muss den Themen wie Innovation, Entrepreneurship und der transnationalen Kooperation mehr Beachtung geschenkt werden und diese Schwerpunkte müssen in die entsprechenden europäischen Programme einfließen. Wenn die europäischen Programme diese Schwerpunkte aufnehmen, dann fließen auch mehr finanzielle wettbewerbliche Mittel nach Österreich, von denen die Fachhochschulen besonders profitieren werden. 

UAS4EUROPE zielt darauf ab, die Stimme der Fachhochschulen in Europa im Bereich der angewandten Forschung und Innovation zu stärken.

Über Mag. Kurt Koleznik

Mag. Kurt Koleznik ist seit 2006 Generalsekretär der Fachhochschulkonferenz. Er hat an der Leopold-Franzens Universität studiert und 1990 als Magister phil. abgeschlossen. Er äußert sich regelmäßig in den Nachrichten zu Themen, welche die Fachhochschulen betreffen und scheut dabei auch nicht vor Kritik an der Politik zurück. 

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