Das war die EU-Wahl

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 Die EU-Wahl, bei der die Bürger:innen der Europäischen Union ihre Landesvertretung im EU-Parlament wählen, ist geschlagen. Die Wahlbeteiligung lag bei 51 Prozent, also nur etwa die Hälfte der stimmberichtigten 360 Millionen Europäer:innen haben ihre Stimme abgegeben. Wir vom SOFA Magazin hoffen natürlich, dass alle unter euch, die das durften, auch von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben. 

Am Sonntag, den 09. Juni 2024 ab etwa 23 Uhr, gab es die ersten Resultate und es zeichnete sich ein deutlicher Rechtsruck in den meisten Ländern ab. Die Wählerinnen und Wähler haben offenbar ihre tiefe Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht. Das zeigt sich vor allem darin, dass die regierenden Parteien in vielen EU Nationen größtenteils abgestraft wurden und Wähler:innenstimmen verloren haben. 

Hier in Österreich konnte die FPÖ mit 25,4 Prozent zum ersten Mal in der Geschichte des Landes einen Sieg bei einer EU-Wahl erringen, während die Regierungsparteien ÖVP (24,5 Prozent) und die Grünen (11,1 Prozent) Verluste in der Wählergunst hinnehmen mussten. In Deutschland konnte die Oppositionspartei CDU/CSU mit 30 Prozent einen Sieg erringen, während die regierenden Koalitionsparteien SPD (13,9 Prozent), Grüne (11,9 Prozent) und FDP (5,2 Prozent) Stimmen eingebüßt haben. 

Besonders deutlich zeigt sich dieser Trend in Frankreich, wo die rechtsnationale Partei Rassemblement National unter Marine Le Pen mit 31,37 Prozent sehr deutlich gewonnen hat und die regierende Partei Renaissance vom amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron, ganz abgeschlagen, lediglich 14,6 Prozent erreichen konnte. Daraufhin hat Präsident Macron in seinem Land sofort Neuwahlen ausgerufen, die bereits am 30. Juni stattfinden sollen. 

Ganz anders sieht es in Italien aus, wo die regierende Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit 28,9 Prozent einen deutlichen Sieg eingefahren hat. Aber auch in Ungarn, wo Viktor Orbans rechte regierende Partei Fidesz trotz starker Konkurrenz durch die ebenfalls rechte Partei TISZA 43,8 Prozent der Wählerstimmen für sich verbuchen konnte. Aber was bedeutet dieser Trend Richtung rechts für die EU und vor allem für ihre Bürger:innen? 

Das Ende der EU? 

Werden die diversen Länder nach der Reihe die EU verlassen und nach dem Brexit folgt nun auch der Öxit, Ixit, Uxit? Schließlich haben gerade die rechten Parteien jahrelang gegen die EU geschimpft, sie vor den Wähler:innen ihrer Länder als Sündenbock hingestellt und für Unabhängigkeit plädiert. Das ist eher unwahrscheinlich. Vielleicht wird die kommende Veränderung nicht so drastisch, wie befürchtet. Die Mehrheit, um genau zu sein 186 von 720 Sitzen im Europaparlament, stellt nach wie vor die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), der zum Beispiel die ÖVP und die deutsche CDU/CSU angehören. Die Zweitgrößte Partei, mit 135 Sitzen, ist die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten. 

Dadurch, dass die rechten Parteien der unterschiedlichen EU-Länder keine einheitliche Linie verfolgen und bei einigen Themen widersprüchliche Standpunkte vertreten, teilt sich diese Gruppierung in verschiedene Fraktionen auf. Unter anderem gibt es die Fraktion Identität und Demokratie, der etwa die österreichische FPÖ und die französische RN angehören. Die italienischen Vertreter:innen zählen sich zu der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer:innen. Die Politiker:innen der deutschen AfD und der ungarischen Fidesz finden sich bei den Fraktionslosen. Bei Themen, wie dem Krieg in der Ukraine und dem Umgang mit Russland, aber auch dem österreichisch-italienischen Konflikt rund um den Grenzübergang am Brenner, können sich diese Fraktionen nicht einigen. 

Nichtsdestotrotz besteht die Möglichkeit, dass sich die Abgeordneten dieser Parteien zusammenschließen, um gewisse Beschlüsse im Europaparlament zu blockieren. Das könnte sicherlich Themen wie das EU-Flüchtlingsabkommen und zukünftige Einigungen in der Migrationsfrage, aber auch die Klimaschutz Politik der EU, wie das Renaturierungsgesetz und die EU-Artenschutzverordnung, beeinflussen. 

Wie geht es jetzt weiter? 

Nun, da die Ergebnisse feststehen, müssen die Abgeordneten erstmal Fraktionen bilden und deren Führung festlegen. Als nächstes wird am 16. Juli 2024 ein Präsident oder eine Präsidentin gewählt. Noch ist Ursula von der Leyen von der EVP die amtierende EU-Kommissionspräsidentin und es ist durchaus möglich, dass sie wiedergewählt wird. Das passiert, solange die unterschiedlichen Vertreter:innen der EVP für sie stimmen oder auch Vertreter:innen anderer Fraktionen von der Leyen ihre Stimme geben. Weiters müssen die Regierungen aller 27 EU Mitgliedsstaaten Kommissarinnen und Kommissare nominieren, die das jeweilige Land in der Europäischen Kommission vertreten sollen. 

Obwohl in Österreich die FPÖ die stimmenstärkste Partei ist, bedeutet das nicht, dass der oder die Kommissar:in dieser Partei angehören muss. Da die Koalition aus ÖVP und den Grünen nach wie vor die österreichische Regierung bildet, werden diese sich auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin festlegen. Weil Österreich außerdem nur 20 der insgesamt 720 Vertreter:innen im EU-Parlament stellt, ist der Einfluss der FPÖ im EU-Parlament außerdem überschaubar. Dennoch ist der Ausgang dieser Wahl ein sehr deutliches Zeichen der Wähler:innen, die ihren Unmut Luft machen und offenbar Veränderung fordern. Das macht den Wahlkampf Sommer in Österreich spannend, wo die Hitze des Gefechts vor den nahenden Nationalratswahlen im Herbst, erdrückend sein wird. 

Disclaimer: die Zahlen, Daten, Fakten und Bilder mit Stand 10. Juni 2024 stammen vom Österreichischen Innenministerium, dem Österreichischen Bundeskanzleramt, dem Europäischen Parlament und der Austria Presse Agentur. 

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