Steine im Wasser
Zwei Drittel aller österreichischen Studierenden arbeiten neben dem Studium. Wir haben uns umgehört und sechs Tipps gesammelt, wie man Job, Studium und Freizeit unter einen Hut bringen kann.

Sechs Schritte zur erfolgreichen Study-Work-Life-Balance

Das Sprichwort von den faulen Studenten ist eine Mähr. Zwei Drittel aller österreichischen Studierenden arbeiten neben dem Studium. Wir haben uns umgehört und sechs Tipps gesammelt, wie man Job, Studium und Freizeit unter einen Hut bringen kann. 

 

 

Für die richtige Study-Work-Life-Balance gibt es keine Patentlösung. Es kommt auf den Job, die Stundenanzahl und die persönliche Motivation an. To-Do-Listen zu priorisieren, Lernphasen einzuplanen und auch auf die Freizeit nicht zu vergessen ist wichtig, um die Balance zu halten. Auch die Finanzen darf man nie aus den Augen verlieren: Das Studentenleben ist oft teurer als gedacht. Doch anstatt der oft vermuteten hohen Ausgaben für Partys, schick essen gehen oder diverse Freizeitaktivitäten fallen bei den meisten Studierenden viel eher hohe Kosten für Miete, Unterkunft und technische Ausrüstung an. Bei jungen Studentinnen und Studenten kommt der Drang hinzu, schön langsam auf eigenen Beinen stehen zu wollen.

Wie viel Zeit bleibt für den Job?

Viele österreichische Studiengänge, vor allem an Fachhochschulen, bieten mittlerweile zusätzlich zur Vollzeit-Variante auch ein berufsbegleitendes Studium an, einige Master-Studiengänge sogar nur letzteres Modell. In Österreich sind es 59 Hochschulen und Universitäten, die ein Fern- oder berufsbegleitendes Studium zur Absolvierung eines Bachelorstudiengangs anbieten. Bei den Masterstudiengängen sind es 80 Hochschulen und Universitäten. Fachhochschulen haben einen fixen Stundenplan. Universitäten wiederum sind dafür bekannt, dass Studierende selbstständig ihre Kurse einteilen können. Doch auch hier sind zeitlich beschränkende Faktoren wie beispielsweise die Mindeststudienzeit und die zu absolvierenden ECTS für die Familienbeihilfe zu finden. In allen Fällen gilt es den Balanceakt zwischen Studium und Berufstätigkeit erfolgreich zu meistern.  

Die richtige Balance

Wir haben Ratgeber durchgeblättert und mit Studienkolleginnen und -kollegen gesprochen, die sich dieser Challenge bereits angenommen haben. Auch Psychotherapeutin Annemarie Fink hat uns interessante Ratschläge gegeben. Der Schlüssel für eine erfolgreiche Study-Work-Life-Balance liegt im richtigen Zeitmanagement. Ohne dieses erleben Studierende häufig Stress, Druck und chronische Erschöpfung.  

Eine Studentin (22), die lieber anonym bleiben möchte, erzählt: „Irgendwann wurde es mir einfach zu viel. Meine Arbeitszeiten wurden immer länger und haben sich irgendwann auch mit den Anwesenheiten in meinem Vollzeit-Studium überschnitten. Ich bin dann auch ständig mitten in der Nacht voller Angst aufgewacht, weil ich Panik hatte, dass ich irgendwas für die Arbeit oder für das Studium vergessen habe zu erledigen oder dass meine Abgaben im Studium oder in der Arbeit nicht mehr gut genug waren, weil ich eigentlich keine Zeit hatte, sie so zu erledigen, wie ich es gewollt hatte.“ 

Auch Burnout ist möglich

Studierende gehören zwar nicht in die klassische Gruppe der Burnout-Gefährdeten, aber andauernder hoher Stress und chronische Überforderung mit den Arbeitsaufgaben spielen eine große Rolle bei einer Burnout-Gefährdung. „Bis zum Zustand der andauernden psychischen und physischen Erschöpfung ist der Verlauf von Burnout ein schleichender und kann sich über mehrere Monate beziehungsweise Jahre hinziehen“, meint Annemarie Fink. „Stress und Überforderung sind einerseits auf eine tatsächliche gesteigerte Arbeitsbelastung zurückzuführen, anderseits sind persönliche Faktoren bedeutend, zum Beispiel ob jemand seinen Selbstwert stark von beruflichem Erfolg abhängig macht, stark perfektionistisch an Aufgaben und das Leben herangeht, sich vielleicht schwer tut mit Abgrenzung“, so Fink auf die Frage, wie man in ein Burnout rutscht. Studierende können also gleichermaßen von Burnout bedroht sein wie andere. Es muss aber auch nicht gleich ein Burnout sein: Stress, Erschöpfung und Überforderung sind für niemanden wünschenswert und senken zudem auch die Aufnahmefähigkeit für neuen Lernstoff. 

Lösungswege sind individuell – unsere 6 Tipps

#1 Den richtigen Job finden:

Es ist nicht immer einfach, den für sich optimalen Job zu finden – das ist die Jobsuche grundsätzlich nicht. Zusätzlich gilt es auch, Faktoren wie Standort und die damit einhergehende Fahrzeit zu bedenken. Auch das zu erwartende Einkommen spielt natürlich eine große Rolle. „Ich kann mich erinnern, dass ich bei dem Vorstellungsgespräch für meinen ersten ‚richtigen’ Job gefragt wurde, welche Fähigkeiten ich mir in meinen bisherigen Studentenjobs aneignen konnte und wie ich diese in meine angestrebte Position integrieren würde.“ Das erzählt Lena (23) über eines ihrer Bewerbungsgespräche. Lena ist berufsbegleitende Studentin an der FH Burgenland und arbeitet als Teamleitung Online-Marketing und SocialMedia. Lena begann als Vollzeitstudentin, wechselte aufgrund eines Jobangebotes jedoch in das berufsbegleitende Studienmodell. Für sie war es jedoch immer wichtig, während des Studiums zu arbeiten. „Ich glaube, dass man in erster Linie Grundpfeiler für die Berufswelt mitbekommt beziehungsweise lernt: so etwas wie Zeitmanagement, Verantwortung und dass alles mit einem gewissen Lernprozess verbunden ist.“ Ideal ist es natürlich, wenn schon Berufserfahrung in der angestrebten Branche gesammelt werden kann, jedoch muss bedacht werden, dass in den ersten Semestern oft die Erfahrung und das nötige Wissen fehlen, was diesen Einstieg oft erschwert.  

#2 Die richtige Stundenzahl finden:

Von vier bis vierzig Stunden in der Woche ist alles möglich: Jobs gibt es unterschiedlichem Ausmaß. Die Arbeiterkammer Wien empfiehlt in ihrem Folder „Arbeiten und Studieren“ aus 2019 zehn Stunden in der Woche: „Zehn Stunden pro Woche – ein Job in diesem Ausmaß ist meist leicht mit dem Studium vereinbar. So können Sie sich gut auf das Studium konzentrieren.“ Eine Erhebung durch die IFES 2018 zeigt, dass 22 Prozent der befragten berufstätigen Studierenden geringfügig beschäftigt sind, ein Viertel Teilzeit, also unter 36 Stunden in der Woche, und 29 Prozent voll berufstätig sind. Laut dieser Erhebung sind nur 24 Prozent der Studierenden nicht erwerbstätig. Häufig sind Arbeitgeber auch dazu bereit, eine flexible Stundenanzahl anzubieten oder Unregelmäßigkeiten durch Überstunden und Zeitausgleich zu glätten. 

Victoria (23), Studentin an der FH Burgenland, nutzte lange Zeit ihre Schulausbildung im Bereich Gästebetreuung und Gastronomie. Durch eine gute Kommunikation mit ihrem Chef konnte sie sich ihre Arbeitszeiten oft flexibel einteilen: „Ich habe immer versucht vorauszuplanen und wenn ich wusste, meine Präsenzzeiten an der FH überschneiden sich mit meinen Arbeitszeiten oder ich brauche einmal mehr Zeit, um zu lernen, habe ich immer versucht schon vorab Stunden einzuarbeiten um dann später, wenn ich es brauche, in den Zeitausgleich gehen zu können. Hier war es sehr hilfreich, dass mein Chef immer ein offenes Ohr hatte und mit sich reden ließ.“ 

#3 Die To-Do-Liste priorisieren:

Im Studienalltag, vor allem in den Prüfungswochen, nehmen To-Do-Listen oft überirdische Ausmaße an. Um bei der Vielzahl an Abgaben einen Überblick zu bewahren, sind Listen mit allen Tätigkeiten eine gute Möglichkeit. Doch irgendwann reicht eine To-Do-Liste alleine nicht mehr aus. Es ist wichtig, die relevanten Tätigkeiten von den weniger notwendigen zu trennen. Priorisiert werden sollte nach Abgabefrist, Wichtigkeit und Aufwand. Christina (21) ist Vollzeit-Studentin an der FH Burgenland im sechsten Semester. Nebenbei arbeitet sie als Grafikerin sowie als Choreografin, Tanztrainerin und Social-Media-Managerin für ihren Tanzverein. Sie hat schon während der Schulzeit mit dem Führen von To-Do-Listen begonnen und setzt diese nun auch in ihrem Studienalltag ein. 

„Ohne meine To-Do-Liste bin ich nichts. Ich brauche unbedingt einen Überblick über alle meine Termine, Aufgaben und Abgaben, sonst vergesse ich die Hälfte und denke, dass ich für die andere Hälfte noch mehr Zeit habe als gedacht. Ich arbeite dafür in meinem Bullet-Journal mit verschiedenen Farbcodes, um zwischen meinen Jobs, dem Studium und meiner Freizeit unterscheiden zu können. Außerdem ist es ein irrsinnig befriedigendes Gefühl, eine erledigte Aufgabe abzuhaken – so schiebe ich auch viel weniger Tätigkeiten auf.“  

#4 Die Zeit effektiv nutzen und die eingeplante Zeit auch tatsächlich völlig ausnutzen:

Aufgaben aufzuschieben scheint im ersten Moment zwar sehr verlockend zu sein, aber irgendwann bleiben nur noch Aufgaben über Aufgaben aber keine Zeit mehr übrig. Es hilft sich selbst zu belohnen, wenn die Zeit effektiv genutzt wurde.  

#5 die Lernphasen bedenken:

Für besonders stressige Lernphasen sollte auch immer ein Zeitpuffer zum Lernen eingeplant werden. Abgaben, die zusätzlich in dieser Zeit fällig sind, sollten am besten bereits im Voraus abgegeben werden oder zumindest so weit erledigt werden, dass sie beinahe fertig sind. Hannah (21) studiert Medical and Pharmaceutical Biotechnolog yan der Fachhochschule IMC Krems und arbeitet nebenbei als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Forschungsprojekt. 

„Vor allem während Lernphasen ist es oft ziemlich schwierig Studium, Job und Freizeit unter einen Hut zu bekommen. Dazu sind flexible Arbeitszeiten, ein perfekter Lernplan und Phasen der Erholung nötig. Deshalb erstelle ich mir jedes Mal vor großen Prüfungen (unter Berücksichtigung meiner Arbeitszeiten und privaten Termine) einen detaillierten Plan zum gefragten Lernstoff, an den ich mich penibel halte. Kleine Belohnungen in Form von Schokolade und geplante Pausen geben mir dazu die nötige Motivation. Auch Pausen in Form von sportlicher Betätigung helfen mir, meinen Kopf freizubekommen und mich danach wieder mit vollster Konzentration hinter meine Bücher zu klemmen.“ 

#6 Die Freizeit einplanen:

Um wirklich effektiv lernen zu können und produktiv zu sein, ist es wichtig darauf zu achten genügend Ruhepausen einzuplanen. Nach zwei Stunden aktivem Lernen bietet sich eine Pause von 20 Minuten an. Je länger die Lernphase ist, desto ausgedehnter sollte auch die Pause sein. Besonders gut ist es diese Pausen mit etwas zu verbringen, dass einem Spaß macht, um genügend Energie zu tanken.  

Anna (23) absolvierte im letzten Jahr ihr Studium an der FH Burgenland und studierte nebenbei auch multimedial Jus an der JKU Linz. Zusätzlich arbeitete sie auch zwölf Stunden in der Marketing-Abteilung einer Bank: „Zwei Studien auf einmal plus einem Zwölf-Stunden-Job waren schon sehr heftig. Die Sommerferien an der FH waren für mich Zeiten, in denen ich zwischen dem Lernen nicht in die FH gefahren bin. Meine Freunde haben oft gescherzt, dass sie mich in extremen Lernphasen direkt vom Schreibtisch wegzerren mussten, um mich zu sehen. Im Endeffekt bin ich froh, dass sie mich zu meiner Freizeit quasi gezwungen haben.“ Es lohnt sich auch, nach dem Arbeiten nicht direkt mit dem Lernen zu beginnen, sondern zunächst kurz durchzuatmen, bevor der Kopf wieder weiter beansprucht wird.  

Unser sechs Tipps im Überblick

  • Den richtigen Job finden: Auch wenn ein Job passend zum Studium ideal erscheint, fehlt vor allem in den ersten Semestern häufig noch das Wissen. Aus jedem Job ist es möglich etwas positives zu ziehen.
  • Die richtige Stundenanzahl finden: Wichtig ist zu bedenken: Wie viel Zeit habe und wie viel Zeit möchte ich mir für meinem Job nehmen, damit ich noch studieren kann.
  • Die To-Do-Liste priorisieren: Eine To-Do-Liste ist häufig Retter in der Not – wichtig ist es aber hier, die wichtigen von den weniger wichtigenTo-Dos zu trennen. 
  • Die Zeit effektiv nutzen: Prokrastinieren lässt sich kaum ganz verhindern – dennoch sollte zumindest das Ziel sein, die geplante Zeit voll auszunutzen. 
  • Die Lernphasen bedenken: In jedem Studium gibt es vor allem lernintensive Zeiten – hier ist eine gute Möglichkeit, Urlaub oder Zeitausgleich einzusetzen.
  • Die Freizeit einplanen: Zu der perfekten Study-Work-Life-Balance gehört auch die Freizeit. Es ist wichtig, sich Zeit für Dinge zu nehmen, die Spaß machen.  
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