Uni vs. FH: Lasset die Spiele beginnen

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Der Titelkampf um die Krone im Bildungssystem sorgt für wenig Interesse bei Studierenden. Wir meinen: weniger matchen, mehr voneinander lernen. 

Ein Soziologe und ein Techniker werden zum Tode verurteilt. Beiden wird ein letzter Wunsch gewährt. Der Soziologe zuerst: „Ich möchte nochmal eine Stunde einen Vortrag halten.” Darauf der Techniker: „Dann möchte ich eine Stunde früher hingerichtet werden.” So ähnlich verliefen vor 20 Jahren die Fronten in der heimischen Universitätslandschaft. Heute ist die Situation wesentlich entspannter. Das Studienangebot für Akademiker:innen in spe ist breiter gefächert als je zuvor, auch dank der Fachhochschulen, die seit 1995 auf österreichische Schulabgänger warten. Klar, für Millennials ist das eine Ewigkeit, aber zum Vergleich: Die Uni Wien gibt es seit 1365 und ist zum Teil immer noch mittelalterlich. Doch Studierende entscheiden heute ganz pragmatisch, welches Studienangebot sie nutzen. Wir haben uns trotzdem angesehen wer im fiktiven Kampf „Uni gegen FH“ die besseren Karten hat. Warum? Nun ja, schon mal was von Joko gegen Klaas, Global Gladiators oder Topmodel vs. Topmodel gehört? 

Keine „Gmahde Wiesn“

Um die Wettquoten festlegen zu können, brauchen wir zuerst ein paar Hintergrundinfos. Nach dem Kampfgewicht zu urteilen sind die FHs für die Unis tatsächlich nicht mehr als ein leichtgewichtiger Jausengegner. 59.673 FH- gegen 266.323 Uni-Studierende klingt schwer nach Underdog. Oder: Die Mehrheit aller, nach höheren Bildung Strebenden, versuchen ihr Glück an öffentlichen Unis. Doch die Buchmacher:innen reiben sich die Hände zu früh. 22 Unis stehen inzwischen 21 heimische Fachhochschulen gegenüber.  

Spätestens im halb abgeschlossenen Theaterwissenschaftsstudium lernen die meisten: an der Uni wird geforscht, nicht gemacht. Kein Wunder also, dass sich, seitdem es die praxisorientierten FHs gibt, die Zahl der Hochschulabschlüsse vervierfacht haben und jeder Vierte davon inzwischen an einer FH gefeiert wird. 

Der Gong zur ersten Runde ertönt. Hier die praxisorientierten Studiengänge (ein Drittel davon berufsbegleitend), dominiert von Technik und Wirtschaft, vorwiegend besucht von BHS-Vorbelasteten, vier Semester Hardcore-Programm, dann ist aber meistens Schluss. Dort die AHS-Abgänger:innen, wie es das Klischee will, zum größten Teil Geisteswissenschaftler, viele Jurist:innen, ein paar Mediziner:innen. Die TU und die Montanuni nicht zu vergessen. Bildende und angewandte Künste? Klar, auch ein paar akademisch zertifizierte Künstler:innen braucht das Land. 

Aber ist die zahlenmäßige Uni-Übermacht, erschöpft von ihrer 8-semestrigen Durchschnittsstudiendauer wirklich fit für die aufmarschierenden Fachhochschulen, die nach knackigen 6 Semestern ihre Studierenden loswerden? Da! Der Herausforderer stürmt los und landet einen ersten Wirkungstreffer: 52 Prozent aller Uni-Studierenden brechen ihr Studium innerhalb der ersten drei Semester ab, angeführt von den Geisteswissenschaftler:innen und Künstler:innen in spe. die Drop-out-Rate an FHs ist dagegen mit 24 Prozent um mehr als die Hälfte schlanker. Wie soll unser fiktiver Fight also ausgehen, oder muss es am Ende gar kein Kampf sein? 

Übrigens schließen Frauen ihr Studium häufiger erfolgreich ab als Männer, doch wenn sie abbrechen, dann tun sie das früher als ihre männlichen Komillitonen.  

Foto von Evan Mach auf Unsplash

Studierende wissen genau, was sie wollen

Klar, wer nach dem Bachelor an einer Uni für den Master an eine FH wechselt, fühlt sich anfangs in die Schulzeit zurückversetzt, weiß aber meistens ganz genau, worauf er sich einlässt. Falls es heute noch so etwas wie Rivalität zwischen den Hochschulsystemen gibt, sind die Studierenden wohl die ersten, die das kalt lässt. Warum also nicht voneinander lernen, statt gegeneinander zu kämpfen? 

Die unspektakuläre Lösung abseits des Rings könnte in etwa so aussehen: Die Unis schrauben die Präsentations-, Gruppenarbeits-, und Deadlinefrequenz etwas nach oben – no pain, no gain eben. Im Gegenzug setzen FHs eine Frontalvorlesung zum Thema kritisches Hinterfragen von „Allem“ auf den Lehrplan und verzichten dieses eine Mal auf folgende Rituale: Anwesenheitslisten, Evaluationsbögen und 120-seitige Power Points mit Schriftgröße 9. Dazu wird für diese akademische Kür ausnahmsweise genau Null Stunden Workload eingeplant. Keine Angst, die Bude wird trotzdem voll sein und die Wissensdurstigen werden das ein oder andere fürs Leben mitnehmen, auch wenn es sich nicht unmittelbar quantifizieren lässt. Der Titelkampf der Hochschulen kann also ruhig ins Wasser fallen. Für Studierende stellt sich nicht die Frage ob FHs die besseren Unis sind, sondern wo das beste Bildungsangebot für sie wartet – vollkommen zurecht, unserer Meinung nach.