Sofa – So good: Der Sofa-Talk mit den Vorsitzenden der Bundesjugendvertretung

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Wie setzt sich die Bundesjugendvertretung für die Interessen der Studierenden ein? 

Julian Christian: Als gesetzlich verankerte Interessenvertretung setzen wir uns für die Anliegen aller jungen Menschen bis 30 Jahre ein, dazu zählen natürlich auch Studierende. Gemeinsam mit unseren 59 Mitgliedsorganisationen, die die Bundesjugendvertretung hat, sind wir eine starke Stimme für junge Menschen gegenüber der Politik, Öffentlichkeit und den Medien.  

Rihab Toumi: Eine unserer Mitgliedsorganisationen ist die Österreichische Hochschüler:innenschaft, die spezifisch die Interessen von Studierenden vertritt. Wir pflegen einen engen inhaltlichen Austausch mit der ÖH, wenn es um die Interessen von Studierenden geht, zum Beispiel bei der Erarbeitung von Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen oder bei der Abstimmung von gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit zu studienrelevanten Themen.  

Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie für Studierende in Österreich? 

Rihab Toumi: Die aktuelle Teuerung ist zurzeit sicherlich eine der größten Herausforderungen für Studierende. Wir wissen aus unseren Mitgliedsorganisationen und unserer täglichen Arbeit, dass viele Studierende mit hohen Mietpreisen und Lebensmittelkosten zu kämpfen haben. Dazu kommen Kosten für das Handy, das Internet oder für prüfungsrelevante Bücher. Als Bundesjugendvertretung haben wir deshalb bei unseren Forderungen gegen die Teuerung auch auf Maßnahmen gesetzt, die besonders Studierenden zugutekommen.  

Julian Christian: Das ist auch deshalb wichtig, weil viele Studierende bereits eine Doppelbelastung durch Studium und Job haben. Die letzte Studierendensozialerhebung hat ergeben, dass 65 Prozent aller Studierenden durchschnittlich 20,5 Stunden pro Woche neben dem Studium arbeiten. Das heißt, sie leisten in mehreren Bereichen bereits sehr viel. Die Erhebung hat aber auch gezeigt, dass sich bereits zehn Wochenstunden Erwerbstätigkeit negativ auf den Studienaufwand auswirken und dass der Aufwand fürs Studium ab einem Ausmaß von 13 Stunden deutlich reduziert wird. Hier braucht es Verbesserungen, damit Studium und Job unter einen Hut passen.  

Welche konkreten Maßnahmen oder Forderungen hat die Bundesjugendvertretung in Bezug auf die Verbesserung der Studienbedingungen an Fachhochschulen? 

Julian Christian: Seit vielen Jahren weist die BJV darauf hin, dass Studierende an FHs denen an Unis rechtlich nicht gleichgestellt sind. Sei es die Möglichkeit für FHs, Studiengebühren einheben zu können oder die Notwendigkeit, einen Ausbildungsvertrag abschließen zu müssen – da gibt es noch so manchen Missstand zu beseitigen. 

Julian Christian bei einer Diskussionsveranstaltung
Julian Christian © BJV/Kundrat

Wie kann die Bundesjugendvertretung dazu beitragen, die finanzielle Belastung von Studierenden zu verringern? 

Rihab Toumi: Wir setzen uns seit Beginn der Teuerung für mehr und bessere Anti-Teuerungs-Maßnahmen für junge Menschen ein, zum Beispiel beim Thema Wohnen. Wir fordern eine Erhöhung der Heizkostenzuschüsse für junge Menschen in Ausbildung. Außerdem finden wir es notwendig, dass die Wohnbeihilfen angepasst werden, sodass auch junge Menschen, die in Wohngemeinschaften leben, wie Studierende, ebenfalls Zugang dazu haben. Eine andere Forderung von uns ist ein Stromkostenzuschuss, der nicht daran anknüpft, wer aus einem Stromlieferungsvertrag für einen Zählpunkt zahlungspflichtig ist, sondern daran, wer die Stromkosten letztlich zu tragen hat, sodass Personen, die sich noch in Ausbildung befinden und in Wohnheimen leben, ebenfalls berücksichtigt werden.  

Die beschlossene Valorisierung der Studienbeihilfe ist ein wichtiger überfälliger Schritt zur finanziellen Entlastung von Studierenden, für den wir uns als Bundesjugendvertretung stark gemacht haben. Darüber hinaus braucht es aber noch weitere Schritte, wie die Anhebung der Altersgrenze für die Familienbeihilfe auf 27 Jahre. 

Welche Unterstützung bietet die Bundesjugendvertretung Studierenden bei der Bewältigung von psychischem Stress oder anderen psychischen Gesundheitsproblemen? 

Julian Christian: Schon vor der Pandemie haben wir die Politik darauf aufmerksam gemacht, dass die psychische Versorgung junger Menschen in Österreich nicht ausreichend und schon gar nicht flächendeckend ist. Jetzt haben die vergangenen Jahre ihre Spuren hinterlassen: Distance Learning, der fehlende Kontakt zu Familie oder Freund:innen und Zukunftsängste führten zu einem drastischen Anstieg von depressiven Symptomen, Angst- und Schlafstörungen bei jungen Menschen. Mit unserer Kampagne „Die Krise im Kopf“ zeigen wir auf, dass es dringend Maßnahmen braucht, um junge Menschen zu entlasten. Jede Person, die psychologische Hilfe braucht, soll diese auch bekommen. Die zentralsten Forderungen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben wir in einer 10-Punkte-Charta zusammengefasst und an die Politik übergeben. Es braucht in ganz Österreich ausreichende Kapazitäten für Psychotherapie sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie.  Außerdem haben wir letztes Jahr gemeinsam mit der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit TOPSY entwickelt, eine kostenfreie Toolbox zum Thema psychische Gesundheit. Sie soll vor allem Menschen aus der Jugendarbeit und Personen aus der Gesundheitsversorgung in der Arbeit mit Jugendlichen unterstützen. Zu den Inhalten der Toolbox bieten wir auch kostenlose Workshops sowie Vernetzungstreffen mit Personen aus der Gesundheitsversorgung an. Alle Infos zu unserer Kampagne und zu diesem Projekt können auf der BJV-Website www.bjv.at nachgelesen werden. 

Wie sieht die Position der Bundesjugendvertretung zum Thema Studiengebühren aus? 

Rihab Toumi: Die Bundesjugendvertretung fordert seit langem die vollkommene Abschaffung der Studiengebühren für alle Studierenden, unabhängig von ihrer Herkunft, der Dauer des Studiums und der Einrichtung, an der sie studieren. Nach wie vor heben die meisten Fachhochschulen in Österreich Studiengebühren ein. Diese Regelung stellt eine massive Benachteiligung der FH-Studierenden dar und widerspricht dem Ansatz, dass Bildung für alle Menschen frei zugänglich sein soll. Neben der finanziellen Belastung der Studienbeiträge müssen FH-Studierende oftmals zusätzlich für diverse Sachmittelbeiträge aufkommen. Aus unserer Sicht soll auch das Studium an FHs gebührenfrei und ohne finanzielle Mehrbelastung möglich sein. 

Rihab Toumi © BJV/Kundrat

Welche Initiativen ergreift die Bundesjugendvertretung, um die Chancengleichheit im Hochschulzugang und während des Studiums zu fördern?

Rihab Toumi: Die wirksamste Maßnahme zur Erreichung von Chancengleichheit im Bildungssystem ist für uns die flächendeckende Einführung einer gemeinsamen Schule, die auch mehr Chancengleichheit im Hochschulzugang ermöglichen soll. Voraussetzung dafür ist aber auch eine erhebliche Ressourcenaufstockung, um Jugendliche in der Schule individuell fördern zu können. Und dann müssen wie erwähnt weitere Hürden wie Studiengebühren abgeschafft und die Vereinbarkeit von Job und Studium besser unterstützt werden. 

Wie kann die Mitbestimmung von Studierenden an den Hochschulen gestärkt werden, und wie unterstützt die Bundesjugendvertretung dies? 

Julian Christian: Generell fordert die Bundesjugendvertretung mehr Mitbestimmung von Studierenden an allen Hochschulen und eine bessere Verankerung der Mitbestimmung von Studierenden an Fachhochschulen. Junge Menschen müssen eine stärkere Stimme in allen sie betreffenden Bereichen bekommen. 

Welche Angebote oder Programme hat die Bundesjugendvertretung für Studierende, die einen Auslandsaufenthalt während ihres Studiums planen? 

Julian Christian: Als Interessenvertretung aller jungen Menschen in Österreich spielt sich unsere Arbeit vor allem im politischen Umfeld ab. Deshalb bieten wir solche speziellen Angebote nicht selbst an. Bei Anfragen dazu verweisen wir aber natürlich auf die Programme und Angebote unserer Mitgliedsorganisationen und unserer Netzwerke.  

Wie arbeitet die Bundesjugendvertretung mit anderen relevanten Organisationen oder Akteuren zusammen, um die Situation der Studierenden zu verbessern? 

Rihab Toumi: Wichtige Partner:innen im Netzwerk der BJV sind zum Beispiel die Armutskonferenz, das Netzwerk Kinderrechte, Neustart Schule oder Teach for Austria. 

Über die Bundesjugendvertretung

Julian Christian und Rihab Toumi sind gemeinsam Vorsitzende der Bundesjugendvertretung. Die Bundesjugendvertretung (BJV) ist die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich – das sind rund drei Millionen Menschen bis 30 Jahre.  

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