Katze mit Geschenken unter Christbaum

Dieses Jahr gibt es nix!

Jedes Jahr die gleiche Geschichte: Schon im Oktober – wenn nicht sogar noch früher, aber allerspätestens nachdem die Halloweendeko aus den Schaufenstern verschwunden ist – beginnt es auf den Straßen in allen Auslagen und an jeder Ecke in Rot, Gold, Grün zu funkeln und zu leuchten. Weihnachtsbäume, Weihnachtsmänner, Weihnachtshauben, Christbaumkugeln, Sterne und Christkinder dominieren das üppig geschmückte Stadtbild.

Ungefähr ab Mitte November fragt dann auch schon die liebste Arbeits- oder Studienkolleg:in Dinge wie: „Und, hast du schon alle Geschenke?“ Sie hat nämlich schon alles beisammen und sogar schon zwei Ladungen Kekserl gebacken, vier verschiedene Sorten versteht sich.

Ich bin ja da eher der Typ, der es entspannt angeht. Bis zum zweiten Adventwochenende lasse ich mich nicht beirren und vertraue darauf, dass mir bis es knapp wird, bestimmt noch für alle ein tolles Geschenk einfällt. Kleiner Spoiler: Tut es nicht. Am dritten Adventsonntag schaffe ich es dann auch, zwar erledigt vom Punsch am Vorabend, aber immerhin eine Ladung verwackelte Ausstechkekse zu backen. Der Gedanke zählt, sagt man ja.                                                                                                                   

Sämtliche Weihnachtsklassiker tönen, wohin man auch geht, aus den Lautsprechern aller Kaufhäuser und Geschäfte – George Michael und Mariah Carey gehen immer – und beim ersten „All I Want For Christmas“ geht es los: Der Weihnachtsstress. Mariah singt zwar „I don´t want a lot for Christmas” aber eigentlich meint sie, oder zumindest die, die den Weihnachtshit abspielen, wir sollen kaufen, kaufen, kaufen und unseren Liebsten jedes Jahr eine noch teurere Freude bereiten. Konsumgesellschaft halt. Und wie jedes Jahr bin ich hin- und hergerissen. Sicher ist Weihnachten schön, der Gedanke an eine besinnliche Zeit, Adventmärkte, Punsch, Kekse, Zusammenkommen mit der Familie sind alles Dinge, die ich, genauso wie die meisten Menschen – genieße. Jedes Jahr holt mich aber auch der gleiche Stress ein: In der Arbeit müssen noch unbedingt vor Weihnachten drei Projekte abgeschlossen werden, auf der FH sind noch drei Tests und vier Abgaben zu erledigen, ich komme nicht dazu, meinen Liebsten eine wohlüberlegte Kleinigkeit bei netten, regionalen Shops zu besorgen oder noch besser, selbst zu machen und ärgere mich, dass ich nicht viel früher mit allem begonnen habe.

Eine neue Idee?

Wie auch schon die zwei oder drei Jahre zuvor rufe ich meine Mama an und sage: „Wie wär´s, wenn wir dieses Jahr dieses blöde Schenken bleiben lassen und einfach die gemeinsame Zeit beim Weihnachtsessen genießen?“ Mama findet, gute Idee. Ich teile die Abmachung mit meinen engsten Familienmitgliedern und Freund:innen. Gute Idee, finden eigentlich auch alle anderen. Kurz darauf geht es aber auch schon los. „Mit der Oma können wir das aber nicht machen. Die ist schon beleidigt, weil du ihren Schweinsbraten nicht isst, da können wir nicht auch die Geschenke weglassen.“ „Die Tante wird das wahrscheinlich auch nicht verstehen, für die besorgen wir eine klitzekleine Kleinigkeit.“ „Der Schwager schenkt uns jedes Jahr einen Gutschein. Da müssen wir schon auch einen Gutschein zurückschenken. Aber wenn der Schwager was bekommt, dann können wir nicht dem Schwiegerpapa nichts schenken. Wie schaut denn das aus?“

Also gut: vier Kleinigkeiten, zwei Gutscheine, für die Liebste natürlich schon auch eine Aufmerksamkeit, Leckerlis für die Katze von Mama, zwei Ladungen Kekse (von denen nur eine kleine Portion bis zum 24. übrig bleibt). Die Geschenkekiste füllt sich. Jetzt ist es eigentlich auch schon egal. Das ganze Jahr weigere ich mich, online zu bestellen, weil soll man ja eigentlich nicht, aber anders geht es sich jetzt nicht mehr aus vor Weihnachten. Die Abgabe für die FH habe ich auch verpasst und muss ich unbedingt noch fertigbekommen. Bis zum 24. zittere ich, ob das Paket noch rechtzeitig kommt. Am späten Vormittag klingelt die verschwitzte Postlerin und übergibt mir das letzte Packerl. Ich verpacke es noch schön, weil ich sowieso schon zu spät zum Essen bei Oma komme. Die Paketbotin hat mir so leidgetan, dass ich ihr das letzte selbstgemachte Kekssackerl geschenkt habe. Ich kaufe am Weg zur Oma noch schnell welche.

Zur Bescherung gibt es – wie könnte es anders sein – viele bunte Geschenke unter dem Christbaum. Meine Mama schenkt mir das größte Packerl. Ich freue mich, umarme sie und sage: „Danke, aber nächstes Jahr gibt´s wirklich nix!“