Social Media Detox: Erfahrungen aus meinem digitalen Zölibat

Neonschild mit dem Text "This is the sign you have been looking for"
Starte auch du dein Social Media Detox
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Ich wurde fröhlicher, produktiver, sportlicher, kreativer und relaxter. Nach einer jahrelangen intensiven Nutzung von Instagram und einer on-off Nutzung diverser Dating-Apps, wie Tinder und Bumble, habe ich die digitale Nabelschnur durchtrennt und meine Profile offline genommen, um mich an einem Social Media Detox zu versuchen.

Warum ich dies getan habe?

Für manch eine*n Leser*in könnte die Antwort naheliegen. Vielleicht hast du dich selbst schon mal gefragt, was dich dazu bewegt, immer wieder eine dieser Apps auf deinem Smartphone anzuklicken. Leidest du vielleicht sogar unter Phantom-Vibrationen deines Handys? Also spürst du es vibrieren, obwohl es das nicht getan hat? Dann solltest du alarmiert sein!

Tinder Konto gelöscht - Social Media Detox startet

Wir verbringen so viel Zeit auf Sozialen Medien, dass wir wichtige Deadlines und Termine übersehen und dann panisch gestresst sind. Wir freuen uns auf Dates mit Online-Bekanntschaften, nur um dann nach den ersten Minuten des Treffens zu wissen, dass sich keine romantische Liebesbeziehung entwickeln wird. Kommt dir das bekannt vor?

Wischen – Matchen – Treffen

Klar haben wir alle Freunde und Bekannte, die ihre Partner*innen über Tinder kennengelernt haben, aber die meisten Heavy-User haben dies nicht. Wieso eigentlich? Mit Dating-Apps bekommt man durch wenige „Wische“ auf dem Smartphone Matches – und das innerhalb kürzester Zeit. Ich glaube, dass diese große Auswahl ein Grund dafür ist, warum man unsere Generation „Generation beziehungsunfähig“ nennt. Erst neulich habe ich einen treffenden Vergleich in einem Podcast gehört: „Es ist wie im Supermarkt: Je größer die Auswahl, desto schwieriger fällt es, eine Entscheidung zu treffen und sich festzulegen“.

Parallele zu anderen Social Media Plattformen

Mit Instagram ist es ähnlich. Dort sieht man minütlich, wie erfolgreich, sportlich, schön und lustig die anderen sind. Traurige Menschen sieht man auf Instagram so gut wie nie. Weint denn keiner meiner Instagram-Freunde? Auf Social Media sieht man oft Dinge, die man nicht beherrscht, aber nur selten etwas in dem man wirklich gut ist. Dass das nicht gut fürs Selbstbewusstsein ist, liegt auf der Hand. Auch kennen wir alle die klassischen Aussagen wie „Warte, ich muss das Essen noch schnell für Instagram fotografieren.“ und „Das habe ich auf TikTok gesehen, das muss ich nachmachen.“, bzw. „Ich habe diesen Foto-Spot auf Instagram gesehen, da müssen wir ein Foto machen.“. Für wen machen wir diese Fotos eigentlich? Für uns selbst oder für die anderen? Was machen wir eigentlich um uns selbst damit Freude zu bereiten und was machen wir nur um der Community zu gefallen?

Erkenntnisse aus dem Selbstversuch

Während meines Social Media Detox habe ich bemerkt, wie angenehm es ist, nicht ständig mit 100ten Informationen überschwemmt zu werden. Ich fühle mich deutlich entspannter. Zeit, die ich früher auf Social Media verbracht habe, verbringe ich nun vor allem mit meinen Freunden – und zwar offline! Außerdem habe ich mehr Zeit für Sport, Zeichnen, Meditieren, Fotografieren und um Dokus zu schauen. Ok, ich geb’s zu, ich schau auch wieder mehr Serien und Filme.

Ich bin raus aus dem Supermarkt mit unendlicher Produkt- und Informationsvielfalt, und hinein in den kleinen Markt unserer Kindheit, in dem es nur Butter, Milch und ein paar Sorten Brot gab. ..und diese unendlich süßen Naschereien! Spoiler: Meine süße Versuchung habe ich trotzdem noch nicht kennengelernt, aber dafür kenne und liebe ich mich nun selbst mehr. Ein absoluter Win! Das wünsche ich dir auch!

Wolltest du auch schon einmal einen Artikel schreiben, zu Zeichnen beginnen oder einem anderen Hobby nachgehen, findest aber nie die Zeit dazu? Mein Tipp: Lösch doch mal ein paar Social Media Apps (wie z. B. Facebook, Instagram, Tinder und Co.) und versuche es auch mit einem Social Media Detox. Plötzlich hast du freie Kapazitäten, in denen du Dinge anpacken kannst. Dinge, die für dich wichtig sind und nicht für die anderen. Dinge, die nur eine Person liken soll und das bist du selbst.

Auszüge aus dem „Social Media Detox Tagebuch“

Wenn du genau wissen willst, was ich so erlebt und wahrgenommen habe, dann findest du hier noch ein paar Auszüge aus meinem „Social Media Detox Tagebuch“:

13.11.21, 00:00 Uhr – 20 Minuten nach der Löschung

Vor 20 Minuten habe ich mir quasi ein Bein abgetrennt, in der Hoffnung, dass ein neues stärkeres nachwächst. Zumindest fühlt es sich so an. Ich begehe den digitalen Zölibat und weiß noch nicht, welchen Verlockungen ich in schwachen Momenten widerstehen muss. Was machen all meine Instagram-Freunde wohl gerade, wobei ich ihnen nicht mehr zusehen kann?

14.11.21, 00:51 Uhr – Social Media Detox Tag 1

Der erste Tag ist vorbei. 14-mal habe ich mich dabei erwischt, dass ich mein Smartphone gezückt habe und auf die Instagram-App klicken wollte. Meist waren es Situationen, in denen ein kurzer Moment des „nicht wissen, was man tun soll“, danach schrie, gefüllt zu werden. Dieser eine Moment, in dem eine Handlung gerade beendet ist und eine weitere kurz bevor steht. Dieser eine Moment, der sich anfühlt wie ein Pendel, das gerade stoppt, bevor es wieder zurückschwingt. Dieser eine Moment, kurz bevor die eingeatmete Luft im Brustkorb die Richtung wechselt und wieder – gewärmt vom eigenen Körper – den Weg nach draußen antritt. Genau in diesem Moment der gedanklichen Schwerelosigkeit scheint mein Hirn nach einem neuen Reiz zu lechzten und schickt meinen Daumen auf die Reise zu der Stelle, an der sich das Instagram-Symbol befand.

Tipp um die, beim Social Media Detox gewonnene, Zeit besser zu nutzen

Die Zeit, die ich sonst mit Scrollen auf Social Media Kanälen verbracht hätte, habe ich heute bereits anders genutzt. So habe ich zum Beispiel begonnen das Buch „Musenküsse“ zu lesen, bei dem es über die Tagesabläufe bekannter Künstler, Pianisten und Autoren geht. Viele davon haben tagein, tagaus mit der Arbeit an ihren Werken verbracht. Weltliteratur wurde geschaffen und zur selben Zeit haben einige von ihnen ihre Körper mit Kettenrauchen, wenig Schlaf und Alkoholmissbrauch zugrunde gerichtet. Aber die Werke, die sie geschaffen haben, bewegten die Welt und tun dies heute noch. Was würde eine Georgia O‘Keeffe und ein Marcel Proust über meine intensive Social-Media-Nutzung sagen? Ich vermute nicht viel Gutes. Doch die Zeit, die ich früher am Handy war, habe ich nun mit dem Buch besser genutzt.

Nach einem abendlichen Spaziergang bin ich mit Freunden noch in zwei Bars gelandet. Der erste Tag ohne Social Media hat mir bereits ein Gefühl intensiver innerer Ruhe verschafft und ließ mich in Alltags- und Studiensituationen aufmerksamer sein. Ich habe das Gefühl, meine Zeit besser nutzen zu können.

15.11.21, 22:47 Uhr – Social Media Detox Tag 3

Ich bin entspannter, koche mehr und habe heute sogar mit meiner Arbeitnehmerveranlagung und dem Aussortieren von Rechnungen begonnen. Halleluja! Es kommt mir vor, als wäre es Sonntag, obwohl ich arbeiten war und Prüfung hatte. Die Kappung der Social-Media-Leitung zur Außenwelt lässt sie gedanklich verstummen. Man wird nicht mehr mit 1000 Informationen vollgespamt. Halleluja, Halleluja!

07.02.22, 21:41 Uhr – Social Media Detox Tag 87

87 Tage sind vorbei und der Trend hält an…

Beruflich und für meine Masterarbeit über TikTok nutze ich Social Media weiterhin. Mein privates Social Media Detox hat sich auf meine Arbeit nicht negativ ausgewirkt. Im Gegenteil: Die Reduktion der privaten Social Media Nutzung hat neue Energien freigesetzt, die sich positiv auswirken. Mein Blick ist differenzierter und geschärfter. Auch plane ich bereits einen Fotografie-Account. Durch mein Detox hat sich mein Fokus verändert. Ich werde Social Media in Zukunft auch privat wieder nutzen. Aber anders.

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